Ganikowskij Igor
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Solo exhibition Museum Gröbzig, 2014





Igor Ganikowskij: Befreiung des Lichts

Meine erste Erinnerung fällt in die Zeit, als ich drei Jahre alt war. Wir lebten damals mitten im Zentrum von Moskau, in der Brjusow-Gasse. Ich bin allein im Badezimmer und plansche im Wasser, so dass kleine Sonnenflecken auf der Wand tanzen. Meine zweite Erinnerung fällt in die gleiche Zeit: Ich laufe hinaus auf den Hof, es ist Winter und das Weiß des noch unberührten Schnees blendet mich. Vor mir ist noch niemand draußen gewesen und der Schnee liegt hoch und glänzend. Das war so schön, dass ich mich nun schon seit 50 Jahren daran erinnere. Und vielleicht ging es mir später nie wieder so gut wie in diesen Momenten. So stehen die ersten Erlebnisse, die einen solchen Eindruck auf mich gemacht haben, dass sie mir in Erinnerung blieben, beide mit Licht in Zusammenhang – mit direktem und reflektiertem Licht. 

1.

Ich habe erst spät angefangen zu malen und bereits in meinen ersten Arbeiten jener Welt meine ganze Aufmerksamkeit gewidmet, die Chagall geschildert hat – der Welt des jüdischen Stetl, der Poesie des jüdischen Alltags. Meine ersten Bilder waren das kleine Aquarell „Frejleches“ (fröhlicher Tanz) und die Zeichnung einer Kerze. 

Damals fiel es mir schwer, mit weißer Farbe zu malen, weil immer alles von Dunklem verschlungen wurde. Selbst wenn ich etwas Heiteres malen wollte und alles zunächst hell und fröhlich war, wurde es dunkler und dunkler, je länger ich daran arbeitete. Schließlich blieb außer einigen kleinen hellen Flecken nichts Weißes übrig. Heute sind meine Werke lichtüberflutet, oft ist Weiß die dominante Farbe meiner Bildflächen. Entsprechend sehe ich in der Befreiung des Lichts eine der wichtigsten Aufgaben meiner künstlerischen Arbeit.

Die 1984 entstandene Serie „Silhouetten“(Katalog Märkisches Museum Witten) betrachte ich als den eigentlichen Anfang meines Lebens als Künstler. Helle Silhouetten auf dunklem Grund kontrastieren mit dunklen Silhouetten auf hellem Grund. Die hellen Silhouetten gleichen dem Licht aus einer anderen Welt, das jene halbtransparente Membran durchdringt, die Welten sowohl trennt als auch verbindet. Umgekehrt wirken die schwarzen Silhouetten wie schwarzes Licht, das in die hellen Räume vordringt. Wenn ich heute diese Arbeiten analysiere, scheint mir, dass ich damals absolut intuitiv eines der wichtigsten Themen der Kabbala berührt habe – die Beziehung zwischen Licht und Gefäß („K`li“).

Gott wird von den Juden mit unendlichem Licht assoziiert, materielle

Gefäße in unserer Welt mit dem Menschen, mit seiner Seele.

Die Arbeit zur Korrektur dieser Gefäße, zur Füllung dieser Gefäße mit Licht ist die Hauptaufgabe des Menschen. Das Auftauchen von Licht in den Silhouetten ist eine Metapher für diese „Korrektur der Gefäße“. 

In der darauf folgenden Serie „Lichtsäle“ (Katalog Märkisches Museum Witten), bei der es sich um Konstruktionen handelt, die von 

Licht erfüllt sind bzw. Licht in sich bewahren, habe ich versucht, die Strukturen der Welt im Detail zu erfassen. 

Die Serie „Kerzen“ (Katalog Märkisches Museum Witten) bezieht sich ebenfalls auf Licht. Die Kerzen lassen sich auch als Buchstaben und Seelen lesen (denn jedem Buchstaben der Thora entspricht eine jüdische Seele). Miteinander kombiniert künden sie von unserem Kummer, von unseren Leiden und Siegen. 

„Die Kerze Gottes ist die menschliche Seele. Das heißt, dass man die Seele der Juden mit einem Kerzenlicht vergleichen kann, das unaufhörlich flackert und in die Höhe gezogen wird, weil sich das Licht des Feuers seiner Natur nach vom Docht lösen und mit seiner höheren Wurzel vereinen will“ – schrieb Rabbi Schneur Salman.

2.

Später habe ich mich immer mehr vom Figurativen befreit. Heute sind meine Arbeiten völlig abstrakt. Das hängt damit zusammen, dass die geometrische Abstraktion eine Kampfansage an die Natur ist, der äußerste Punkt, an dem der Gegenstand verschwindet. 

Die Geometrie steht außerhalb der Zeit und gehört folglich der Welt des Idealen an. Auch wenn es Ausnahmen gibt, wo sich die Geometrie auf Dinge bezieht, die unserer Welt zugehören, so z.B. in meiner Felix Nussbaum gewidmeten Arbeit „Das Rote Haus“, wo die geometrische Abstraktion in den einen Teilen auf den Tallit und in anderen Teilen auf KZ-Kleidung verweist. 

Meines Erachtens hat sich die abstrakte Malerei in jüngster Zeit durch den Versuch diskreditiert, mit dem Design zu verschmelzen. Sie reduziert sich auf dekorative Funktionen und vergisst dabei ihre großen Vorläufer wie Kazimir Malewitsch, Piet Mondrian oder Barnett Newman, für die Abstraktion ein Instrument der Erkenntnis war, ein 

Bruch mit der Tradition, um neue Welten zu erschließen. Natürlich hat dies mit einer allgemeinen Tendenz zur Trivialisierung zu tun, die auch vor der Kunst nicht haltmacht: mit den Nachwehen der Postmoderne, die über komplexe Zusammenhänge oberflächlich 

hinweggleitet und die Kluft zwischen Ausdruck und Inhalt vertieft. Generell denke ich, dass der Bruch der Beziehungen zwischen Ausdruck und Inhalt, also der Verlust fester Bedeutungen und Bezüge der Zeichen, den Menschen dem Universum entfremdet. 

In meinen eigenen Arbeiten versuche ich, der geometrischen Abstraktion mit dem Zeichen das Symbolhafte wiederzugeben (je einfacher das Zeichen, desto umfassender seine Bedeutung), ich versuche gleichsam, die beiden Hälften der Tontafel wieder 

zusammenzufügen. Denn das Symbolische vermag just dort ein geordnetes System aller unendlichen Zusammenhänge zu schaffen, wo die Welt wissenschaftlich nicht zu erklären ist. 

3.

Alle mystischen Systeme bauen auf dem Prinzip der Analogie auf. Die Kabbalisten nennen dies die Sprache der geistigen Wurzeln und materiellen Äste. Der Baum „Sefirot“ - einer der Grundbegriffe der Kabbala - hat seine Wurzeln in den geistigen Welten und wächst von oben nach unten. 

Für meine Arbeit war es immer sehr wichtig, von einem intensiven emotionalen Erlebnis in unserer Welt auszugehen und dazu eine Entsprechung in den höheren Welten zu suchen. Anders gesagt nehme ich ein Ereignis des Alltags als eine Erscheinungsform des Unendlichen im Endlichen wahr. Womöglich ist dies die einzige Möglichkeit, die Große und die Kleine Welt nicht nur gleichzeitig zu sehen, sondern auch die konfigurative Wechselbeziehung zwischen ihnen verstehen zu können. Je weiter ich mich über eine Vielzahl von Realitätsebenen von einer Stufe zur nächsten bewege, desto höher wird der Grad des Symbolischen, desto mehr an Transzendenz offenbart die Darstellung. Dabei überbrückt das Symbol die Kluft zwischen Rationalität und Mystik. 

In meinen Werken führen die symbolischen Räume daher ein semiotisches Doppelleben: Einerseits modellieren sie das Universum, andererseits werden sie durch das Universum modelliert. Es ist natürlich nicht auszuschließen, dass wir nur Schatten, einen Abglanz und Reflex der Realität sehen, aber selbst angesichts solche vager Konturen kann man versuchen, etwas Neues zu schaffen und das Resultat anhand immer neuer Abbilder zu überprüfen. 

In meiner 2003/2004 entstandenen Serie „Projektionen“ versuche ich, die Schwierigkeit dieser Übersetzung bzw. Dechiffrierung zu zeigen. Denn Projektionen oder Abbilder sind ja nichts anderes als eine Übersetzung, der Versuch einer Dechiffrierung der Schatten. 

Um den russischen Semiotiker Juri Lotman zu zitieren: „Wie die Ablösung des Eigenen vom Fremden, wie das Herausfiltern des Äußerlichen, wie die Übertragung eines fremden Textes in die eigene Sprache, so funktioniert die Strukturierung des äußeren Raums.“

4.

Seit ich mich mit dreidimensionalen Arbeiten befasse, und auch schon früher, seit ich verschiedene Materialien wie Holz oder Eisen verwende, bin ich bestrebt zu zeigen, wie sich die Realität auf verschiedenen Realitätsebenen nach und nach offenbart.

Diese Realitätsebenen sind einander ähnlich und unterscheiden sich lediglich durch das „Baumaterial“, aus dem sie bestehen. Die Vieldimensionalität der Welt zu erleben und diese aus allen möglichen Blickwinkeln als Ganzes zu sehen, gehört zu den zentralen Zielsetzungen meiner Arbeit. Der Moment des Auftauchens einer Struktur, die Suche nach dem Ursprung einer Struktur ist auch ein Moment der Erfahrung und der Emotion. 

Die dreidimensionale Realität tritt in meinen Arbeiten unterschiedlich zu Tage: einerseits in Form verhüllter Räume (wie z.B. in den Serien „T-Konstruktionen“ und „Tore“), die umfangreiche und bedeutsame Informationen enthalten, ohne dass dies von außen zu sehen ist (vgl. Katalog Städtische Galerie Villa Zanders). 

Andererseits in Form offener und geschlossener Bücher, die Hinweise auf die Semiotik des Rechten und Linken sowie des harmonisierenden Mittleren enthalten. Dies verweist auf das System der Sefirot, innerhalb dessen die linken Sefer für Abgabe und Verteilung, die rechten Sefer für Halten, Teilung und Beschränkung und die mittleren Sefer für die Harmonisierung der linken und rechten Sefer auf den entsprechenden Ebenen stehen. Außerdem ermöglicht es die dreidimensionale Malerei, Dinge gleichzeitig offen und geschlossen, sichtbar und nicht sichtbar darzustellen – und zu zeigen, dass diese Zustände ein und dieselbe Wurzel haben und nur in anderen Begriffen und Farben formuliert sind. Was auf den verschiedenen Oberflächen fixiert ist, lässt sich als Projektion des Geistigen auf das Material wahrnehmen, denn nur sofern es sich materialisiert, wird das Geistige sichtbar.

In unserer materiellen Welt schwächt sich die Präsenz Gottes bis zu einem solchen Grad ab, dass sie kaum wahrzunehmen ist. Diese unendliche Verdichtung bzw. Selbstbeseitigung Gottes als Rückzug aus der Welt bezeichnen die Kabbalisten als „Tzimzum“. Dabei erlangt der Mensch die Freiheit der Wahl. Während er sich auf seiner Lebensbahn bewegt, erfüllt er in einem ständigen auf und ab sein Lebensziel, die Seele zu reinigen und mit göttlichem Licht zu füllen. 

Gott offenbart sich auf unterschiedliche Weise in der Welt und hat viele Namen, die in gewissem Sinne eben jene Flächen sind, auf welche die „Erschaffung der Welt“ auf unterschiedliche Art projiziert wird. Wenn man beispielsweise die Arbeiten der Serie „Namen“ (Katalog Städtische Galerie Villa Zanders) direkt von vorne betrachtet, sieht man zunächst nichts, da die Stirnseiten der Zeichen die gleiche Farbe haben wie auch der Hintergrund. Wenn man aber den Blickwinkel ein wenig verschiebt, wird das Unsichtbare sichtbar und es vollzieht sich das Wunder der Erscheinung des Unsichtbaren. 

Ein weiterer wichtiger Aspekt meiner Arbeiten ist das „Zoomen“, der stetige Wechsel zwischen „Großaufnahme“ und „Nahaufnahme“, zwischen Makrokosmos und Mikrokosmos. So habe ich z.B. in meiner„Großen Komposition“ ( Katalog Städtische Galerie Villa Zanders) versucht, die Große Welt innerhalb einer einzigen Arbeit als Ganzes darzustellen. Die Welt ist dabei in Weiße Welten und Schwarze Welten geteilt, während der rot markierte Teil unsere Welt ist, die - umfangen von den Großen Welten - diese sowohl trennt als auch verbindet und so von ihnen abhängt. Die ganze Tragödie unserer Welt besteht ja im Kampf des Lichts mit der Finsternis.

In Arbeiten wie „Filter“, „Fallen“, „Massada“ und „Jericho“ versuche ich im Gegensatz dazu, mich nur auf einzelne Elemente und Situationen zu konzentrieren, die sich mit den Schnittstellen oder Knotenpunkten von Kristallgittern und Spinnweben vergleichen lassen. Meistens wird dies dadurch betont, dass gerade diese Knotenpunkte dreidimensional sind und wie Brunnen in der Wüste aus dem stillen Hintergrund meiner Bilder herauswachsen. In der Regel sehen wir nur, was wir zu sehen gelernt haben. Ich aber versuche, das sichtbare Bild von Ideen und Modellen zu zeigen, ich versuche die Zone des Sichtbaren auszuweiten, Dinge, die man nur fühlen oder denken kann, aus dem „toten Winkel“ herauszuholen. 

Man könnte meine Arbeit mit der eines Archäologen vergleichen, der ein Ganzes aus einzelnen Fragmenten zusammensetzt. In diesem Sinne würde ich das, was ich mache, als Rekonstruktivismus bezeichnen. In Abgrenzung zum klassischen  Russischen Konstruk-  tivismus, der zunächst die alte Welt bis auf den Grund zerstören wollte, um dann eine neue, bessere Welt zu errichten. 

Odenthal 2004.

Übersetzung aus Russischen - Lars Nehrhoff
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